Am 13. Januar 1935 fand die Saar-Abstimmung statt, die eine entscheidende Wende in der Geschichte des Saargebiets darstellte. Laut der Rheinpfalz votierten fast 91 Prozent der Wähler dafür, dass das Saargebiet zu Deutschland zurückkehren sollte. Diese Entscheidung, die im Kontext nationalsozialistischer Propaganda fiel, führte nicht nur zu politischen Veränderungen, sondern auch zu einer Reihe von menschlichen Tragödien und Verlusten an Leben.
Im Rahmen des 90. Jahrestages der Saar-Abstimmung wird eine Ausstellung im Zeitungsmuseum Wadgassen gezeigt, die die Rolle dieser Ereignisse in der Geschichte thematisiert. Acht Hörspiele mit dem Titel „Stimmen des Widerstands“ erinnern an die damaligen Verhältnisse und sind auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite zu finden. Diese Beiträge fangen die Stimmen und Meinungen der Zeitgenossen ein und beleuchten die Realität jener Jahre.
Die Hintergründe der Saar-Abstimmung
Die Saar-Abstimmung war das Ergebnis einer komplexen politischen Situation, die bereits mit dem Ende des Ersten Weltkriegs begann. Das Saargebiet war 1920 von Deutschland abgetrennt worden. Im Laufe der Jahre formierten sich im Saarland rechte Parteien unter der „Deutschen Front“, die von der NSDAP geführt wurden. Ihre Kampagne, unterstützt vom Deutschen Reich, hatte das Ziel, ein hohes Votum für die Rückkehr zu Deutschland zu erzielen. Minister Joseph Goebbels steuerte diese Propaganda mit dem Slogan „Deutsch ist die Saar, immerdar!“ und warf die Erinnerung an die deutschen Opfer des Ersten Weltkriegs und die „Schmach von Versailles“ in den Vordergrund, wie das Deutsche Historische Museum erläutert.
Ein Teil der Bevölkerung, insbesondere deutsche Emigranten und Linke, versuchten, vor den Folgen dieser Abstimmung zu warnen. Jedoch war ihr Einfluss begrenzt, und von den rund 540.000 Stimmberechtigten votierten über 90 Prozent für den Anschluss an Deutschland. Diese Entscheidung führte am 1. März 1935 zum Anschluss des neu geschaffenen Gau Saarland unter Gauleiter Josef Bürckel.
Die Stimmen des Widerstands
Besonders aufschlussreich sind die Berichte von Zeitzeugen und Schriftstellern, die in den Hörspielen der Webseite „Stimmen des Widerstands“ veröffentlicht wurden. Theodor Balk dokumentierte verschiedene Perspektiven von Industrievertretern, Arbeitern und politischen Führern. Ilya Ehrenburg reflektierte die faschistische Propaganda, während Margarete Buber-Neumann die komplexe Haltung der Kommunisten zur Saar-Abstimmung kritisierte.
Gustav Regler und Erich Weinert beleuchteten die Repressionen und das alltägliche Leben unter dem Nazi-Terror, während Alfred Kerr und Hellmut von Gerlach eindringliche Appelle gegen den Faschismus formulierten. Solche Erzählungen sind wertvoll, um das damalige Zeitgeist zu verstehen und die gescheiterten Hoffnungen der Widerstandskämpfer zu erfassen, die oft unter drakonischen Bedingungen arbeiteten, wie Lore Wolf über die Rote Hilfe berichtete.
Die Saar-Abstimmung war nicht nur ein geopolitischer Schachzug, sondern auch eine Schicksalswende, die viele zum Verzweifeln brachte. Nach der Abstimmung flohen geschätzte 8.000 Personen aus dem Saargebiet, um der Verfolgung zu entkommen. Diese Ereignisse sind nicht nur Teil der deutschen Geschichte, sondern auch der europäischen Erinnerungskultur, die das Erbe dieser Kämpfe bewahrt.