Frankreich steht vor einer politischen und wirtschaftlichen Krise, die tiefgreifende Auswirkungen auf das Land und seine Rolle in Europa haben könnte. Der Versuch von Präsident Emmanuel Macron, eine politische Mitte zu etablieren, ist gescheitert. Dies geht einher mit dem wachsenden Einfluss extremer Parteien, vor allem der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN) unter Marine Le Pen. In Macrons erster Amtszeit zerfiel die zentrale Bewegung, die 2017 gegründet wurde, und eine Rückkehr zu den traditionellen politischen Blöcken scheitert an einer stabilen Mehrheit.
Aktuell ist François Bayrou der vierte Regierungschef innerhalb eines Jahres, der mit einer wackeligen Machtbasis und nur 36 Abgeordneten versucht, eine handlungsfähige Regierung zu führen. Seine Ernennung fand in einem Zeitraum statt, in dem die politische Instabilität in Frankreich signifikant angestiegen ist. Bayrou plant, wichtige Themen wie die umstrittene Rentenreform und Einsparungen von 50 Milliarden Euro anzugehen, während gleichzeitig ein Haushalt für 2025 noch nicht verabschiedet wurde. Die Rekordstaatsverschuldung von rund 112 % des Bruttoinlandsprodukts zwingt Frankreich, höhere Risikozuschläge für Kredite zu zahlen als Griechenland.
Herausforderungen für Bayrou
In seiner ersten Regierungserklärung versuchte Bayrou, politische Partner und die Opposition nicht zu verprellen. Die Sozialisten, unter der Führung von Olivier Faure, fordern, dass die Nationalversammlung erneut über die Rentenreform abgestimmt wird. Diese Reform sieht eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vor. Es gibt zudem ein Ultimatum von Faure, der Bayrou nur 48 Stunden gibt, um Zusagen zu machen. Wenn Bayrou nicht die nötige Unterstützung gewinnt, könnte dies das Ende seiner kurzlebigen Amtszeit bedeuten.
Die Linkspartei La France Insoumise kündigte bereits einen Misstrauensantrag an, während die Konservativen, die Republikaner, zwar grundsätzlich hinter Bayrou stehen, jedoch reserviert bleiben. Es hängt alles von seiner Fähigkeit ab, einen überzeugenden Haushaltsentwurf bis Anfang Februar vorzulegen. Andernfalls droht Frankreich die Handlungsunfähigkeit im Jahr 2025.
Finanzielle Turbulenzen
Die finanzielle Situation ist alarmierend. Frankreichs Neuverschuldung betrug im vergangenen Jahr 5,5 %, und für 2024 wird ein Defizit von über 6 % erwartet, während die europäischen Stabilitätskriterien nur 60 % Verschuldung und 3 % Neuverschuldung erlauben. Das aktuelle Wirtschaftswachstum liegt bei 0,9 %, was die Herausforderungen, vor denen das Land steht, nur verstärkt. Ein erheblicher Teil der Verantwortung dafür wird allen politischen Parteien sowie der bisherigen Regierung unter dem gescheiterten Premierminister Michel Barnier zugeschrieben, die bei dem Versuch, die Staatsfinanzen zu stabilisieren, stark unter Druck geraten ist.
Die finanziellen Verluste durch die politische Unsicherheit sind enorm, mit geschätzten 12 Milliarden Euro seit dem Regierungssturz. Zudem ist die Notwendigkeit, Rentenreformen und Haushaltsdefizite als zusammenhängende Probleme zu betrachten, unumgänglich für das Überleben der Regierung. Während die Finanzmärkte vorerst ruhig reagieren und die Nachfrage nach französischen Schulden hoch bleibt, besteht die Gefahr, dass die politische Instabilität die EU-Finanzierung und Reformen erheblich erschwert.
Die anhaltenden Probleme in Frankreich könnten nicht nur das Land selbst in eine schwierige Lage bringen, sondern auch die Stabilität der gesamten Europäischen Union gefährden. Ein klarer Handlungsbedarf ist erkennbar, doch die politischen Machenschaften scheinen derzeit von persönlichen Interessen und Machtspielchen geprägt zu sein. Die nächsten Monate werden entscheidend sein für die Zukunft Frankreichs und seiner Rolle in Europa.
Für weitere Informationen können Sie die Artikel von Welt, Tagesschau und Süddeutsche lesen.