Vor der Küste Rügens wird der Öltanker „Eventin“ festgehalten, während die Untersuchung läuft, ob fast 100.000 Tonnen Öl an Bord aus Russland stammen. Der Vorfall könnte als neuartigen Test für die EU-Sanktionen gegen Russland gelten, die im Zuge des Ukraine-Konflikts eingeführt wurden. Laut Nordkurier erwarten Experten, dass es keine Beschlagnahmung des Öls geben wird, sondern möglicherweise Strafzahlungen für die Crew des Tankers.

Sascha Lohmann, Sanktionsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, der zwischen 2022 und 2023 das Auswärtige Amt in Sanktionsfragen beriet, beschreibt die Situation als neuartig für die EU. Die Sanktionen gegen Russland, die als präzedenzlos gelten, haben Wurzeln in der immer größer werdenden Schattenflotte des Landes, die entstand, um westliche Ölembargos zu umgehen. Lohmann warnt, dass viele dieser Schiffe über 15 Jahre alt seien und als „ökologische Zeitbomben“ betrachtet werden könnten.

Die Schattenflotte und ihre Auswirkungen

Russland exportiert Rohöl sowohl über Pipelines, hauptsächlich nach China, als auch durch Tanker, die oft Teil der Schattenflotte sind. Diese Flotte hat seit der Einführung westlicher Sanktionen an Bedeutung gewonnen. Laut der n-tv floriert sie, da die Sanktionen den Export und die Versicherung von russischen Öllieferungen drastisch beeinflusst haben.

Die USA haben zudem neue Sanktionen gegen Gazprom Neft, Surgutneftegas und 183 Öltanker verhängt, die zur Schattenflotte gehören, um Russlands Öleinnahmen weiter einzuschränken, wie Tagesschau berichtet. Die Auswirkungen sind bereits spürbar, da die Ölpreise, insbesondere für Brent-Öl, kürzlich auf den höchsten Stand seit August gestiegen sind.

Zukunftsausblick und wirtschaftliche Folgen

Die langfristigen wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen sind ernüchternd. Während Russland 2024 steigende Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen meldet, warnen Experten wie Alexandra Prokopenko, ehemalige Beraterin der russischen Zentralbank, dass die Sanktionen das wirtschaftliche Potenzial Russlands untergraben. Hohe Inflationsraten und ein angespanntes Marktangebot in Supermärkten sind Anzeichen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen das Land konfrontiert ist.

Der Kreml verhandelt über Strategien, um die Sanktionen zu umgehen, was jedoch politisch heikel ist. Lohmann warnt zudem vor einem möglichen Eskalationspotenzial, falls die Kontrollen über die Verdächtigen Schiffe in der Ostsee intensiviert werden, eventuell durch militärischen Schutz aus Russland. Ein Beispiel hierfür ist ein Vorfall im Dezember, als ein russisches Schiff mit Signalmunition auf einen Hubschrauber der Bundeswehr schoss.

Die Entwicklung rund um die „Eventin“ und die zugrunde liegenden wirtschaftlichen und politischen Strukturen werfen Fragen auf, wie effektiv die aktuellen Sanktionen letztendlich sind und welche Maßnahmen Russland ergreifen wird, um seine Ölexporte weiterhin zu sichern.