Am 13. Januar 2025 hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin zwei Aktivistinnen der Klimaschutzgruppe Letzte Generation vom Vorwurf der Sachbeschädigung freigesprochen. Die Angeklagten hatten im November 2023 an dem Wahrzeichen Brandenburger Tor mit oranger Farbe eine Aktion durchgeführt, die sie als „symbolischen Protest“ bezeichneten und dessen Ziel es war, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Laut dem Gericht hat die Farbattacke das Erscheinungsbild des Brandenburger Tors nicht „nicht nur vorübergehend“ verändert, da es einer Reinigungsfirma gelungen war, die Farbe in kürzester Zeit, etwa 30 Sekunden, zu entfernen. Dies wurde als zentraler Punkt in der Urteilsbegründung aufgeführt. Darüber hinaus gaben die Aktivistinnen zu, zuvor einen Graffitischutz gewusst zu haben und erklärten, sie hätten „nichts beschädigt“.

Die Richterin stellte fest, dass der Freispruch aus Sachgründen erfolgte und nicht aufgrund einer positiven Bewertung der Aktion durch das Gericht. Der Staatsanwalt hatte zuvor Schuldsprüche und Geldstrafen gefordert, doch das Gericht folgte dem Antrag der Verteidigerinnen und entschied zu Gunsten der Angeklagten. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und könnte möglicherweise angefochten werden.

Kontext der Farbattacke

Die Aktion der Aktivistinnen war nicht die einzige Farbattacke auf das Brandenburger Tor. Bereits am 17. September 2023 sprühten mehrere Mitglieder der Letzten Generation mit präparierten Feuerlöschern orange Farbe auf das Denkmal, was einen geschätzten Gesamtschaden von etwa 115.000 Euro zur Folge hatte. In mehreren Strafverfahren, die auf diese Aktion Bezug nehmen, wurden bereits Schuldsprüche erwirkt. Im April hatte das Gericht beispielsweise drei Teilnehmer verurteilt, darunter eine 22-jährige Frau sowie zwei Männer im Alter von 28 und 64, die jeweils acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung erhielten.

Die Kampagnen der Letzten Generation sind meist von dem Anliegen geprägt, die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam zu machen. Die Aktivitäten wurden wiederholt als zivilen Ungehorsam eingeordnet, ein Thema, das auch Dr. Samira Akbarian in ihrem soeben veröffentlichten Buch „Recht brechen – Eine Theorie des zivilen Ungehorsams“ thematisiert. Akbarian betrachtet zivilen Ungehorsam als eine Form der Verfassungsinterpretation, die aus verschiedenen Perspektiven analysiert wird. Sie betont, dass ziviler Ungehorsam Verantwortung für andere und die Natur impliziere und kritisiert den Vorwurf, Aktivisten würden absolute Wahrheiten vertreten.

Ziviler Ungehorsam im Diskurs

In ihrer Analyse legt Akbarian dar, dass zivilen Ungehorsam nicht nur im Kontext individueller Überzeugungen, sondern auch als Reaktion auf schwerwiegende Ungerechtigkeiten zu verstehen ist. Die verschiedenen Auffassungen über zivilen Ungehorsam, einschließlich der ethischen und radikaldemokratischen Perspektiven, zeigen die Komplexität des Themas in einer demokratischen Gesellschaft auf. Akbarian fordert, dass Gerichtsurteile die Bedeutung und den Kontext solcher Aktionen berücksichtigen sollten, insbesondere in Bezug auf den Gewaltbegriff im Strafrecht, die Definition des Versammlungsbegriffs und die Maßstäbe für die Strafzumessung.

Die Ereignisse um die Letzte Generation und die Diskussionen über zivilen Ungehorsam sind Ausdruck eines wachsenden gesellschaftlichen Bewusstseins für die Klima-Notlage. Die Entscheidung des Gerichts und die Analyse von Akbarian könnten sowohl juristische als auch gesellschaftliche Implikationen für künftige Klimaaktionen haben.

Für weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen und den rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf zivilen Ungehorsam kann die Leser:innen auf die Berichte von rbb24, Welt und Beck zugreifen.