Der Streit um die Zukunft des „Anker-Zentrums“ in Bamberg hat einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Ausgelöst wurde die Diskussion durch einen Brief von Bayern Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). In diesem Schreiben spricht sich Herrmann für den Weiterbetrieb der Erstaufnahmeeinrichtung aus, während diese laut Vereinbarung Ende 2025 schließen sollte. Herrmann wirft der Stadt Doppelmoral vor, was von OB Starke als „glatter Wortbruch“ zurückgewiesen wird. Die Bamberger Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne) bezeichnet die Äußerungen des Ministers als „Schlag ins Gesicht“ der Bamberger, während Ursula Sowa (Grüne) von einem „Skandal“ spricht.
Überraschend hat Bambergs Bürgermeister Jonas Glüsenkamp, der zuvor für die Schließung des Zentrums war, nun ebenfalls für einen Weiterbetrieb plädiert. Er kritisiert die bayerische Staatsregierung für das Fehlen alternativer Unterbringungsmöglichkeiten und betont die Notwendigkeit von Pragmatismus und konstruktiven Gesprächen. In diesem Zusammenhang denkt der Sozialreferent der Stadt an einen „Entschädigungsfonds“ für Anwohner sowie an Maßnahmen zur Verkleinerung der Einrichtung. Ziel sei es, Flächen für Wohnraum und Bildungseinrichtungen zu nutzen. Glüsenkamp fordert darüber hinaus einen Fokus auf Lösungen, anstatt Schuldzuweisungen vorzunehmen.
Aktuelle Belegung in Ankerzentren
In Bezug auf die Auslastung der Ankerzentren in Bayern wird vermeldet, dass diese zum Ende des Jahres 2024 geringer ausgelastet sind als im Vorjahr. Ende Dezember 2024 lebten etwa 10.250 Menschen in den Einrichtungen, während es im Vorjahr noch rund 11.500 waren. Die Ankerzentren in Bayern haben insgesamt eine Kapazität von 12.900 belegbaren Plätzen. Im Ankerzentrum Oberfranken in Bamberg ging die Zahl der untergebrachten Asylbewerber von 2.050 Ende 2023 auf 1.350 im Dezember 2024 zurück.
Die bayerische Regierung plant, ein neues Ankerzentrum mit etwa 1.000 Plätzen in München zu errichten, dessen Inbetriebnahme für das zweite Halbjahr 2025 vorgesehen ist. Ankerzentren sind dafür konzipiert, die Unterbringung neu angekommener Flüchtlinge zu koordinieren und die Arbeit verschiedener Behörden zu bündeln. Ziel ist es, die Asylverfahren zu beschleunigen und Abschiebungen für Personen ohne Bleiberecht zu ermöglichen.
Kritik an Lebensbedingungen in Ankerzentren
Die Diskussion rund um die Ankerzentren wird auch durch Berichte über die Lebensbedingungen in diesen Einrichtungen verstärkt. Flüchtlingsverbände und die Grünen kritisieren die Bedingungen als menschenunwürdig. Insbesondere die Behandlung von Kindern, Frauen und anderen vulnerablen Gruppen wird stark hinterfragt. Kinder erhalten oft nur rudimentären Deutschunterricht und dürfen keine eigenen Mahlzeiten zubereiten. In einigen Ankerzentren, wie in Fürstenfeldbruck, wird über fehlende Unterstützung für Minderjährige berichtet, die von Behörden falsch klassifiziert werden.
Diese kritischen Stimmen verdeutlichen die Herausforderungen, die mit der Unterbringung und Integration von Geflüchteten verbunden sind, und betonen die Notwendigkeit von Reformen in der Asylpolitik. Die Zukunft des Ankerzentrums in Bamberg bleibt fraglich, während die Stadt und die bayerische Regierung um pragmatische Lösungen kämpfen müssen.
Zusamenfassend lässt sich sagen, dass die Diskussion um das Anker-Zentrum in Bamberg nicht nur die direkte Zukunft der Einrichtung betrifft, sondern auch grundlegende Fragen der Flüchtlingsunterbringung und -politik in Bayern aufwirft. Der Dialog zwischen Stadt und Landesregierung hat das Potenzial, weitreichende Auswirkungen auf die örtliche Gemeinschaft zu haben und den Rahmenbedingungen für Asylsuchende in Deutschland neue Impulse zu geben.