Am Freitagnachmittag, dem 10. Januar, wurde der manövrierunfähige Öltanker „Eventin“ nördlich der Insel Rügen in der Ostsee entdeckt. Das 274 Meter lange und 48 Meter breite Schiff ist mit 99.000 Tonnen Öl beladen und befand sich auf dem Weg von Ust-Luga (Russland) nach Port Said (Ägypten) unter der Flagge Panamas. Die „Eventin“ gehört zur sogenannten russischen Schattenflotte, die laut Greenpeace für den Export von russischem Öl genutzt wird. Experten der Verkehrszentrale Warnemünde haben die Gesamteinsatzleitung übernommen.

Die Besatzung des Tankers blieb während des Vorfalls an Bord, da eine Evakuierung nicht notwendig war. Das Schiff ist dicht, sodass vorerst keine Gefahr für die Umwelt besteht. Eine Umweltrisikobewertung ist jedoch von großer Bedeutung, insbesondere da die Meeresflora und -fauna der Ostsee empfindlich ist.

Umweltbedenken und die Schattenflotte

Greenpeace warnt, dass ein Ölunfall in der Ostsee katastrophale Auswirkungen auf Meerestiere sowie Seevögel und deren Lebensräume haben könnte. In Mecklenburg-Vorpommern sind in letzter Zeit über 40 streng geschützte Kegelrobben gestorben, was die ohnehin angespannten ökologischen Verhältnisse weiter verschärft. Das Ökosystem der Ostsee gilt als eines der sensibelsten in Deutschland und ist stark angeschlagen.

Die „Eventin“ steht auf der Liste der 192 gefährlichsten Rohöltanker von Greenpeace. Das Schiff war mehrere Male am Export von russischem Rohöl durch die Ostsee beteiligt und auch in gefährliche Schiff-zu-Schiff-Transporte involviert. Laut Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace, ist die tägliche Bedrohung durch die Schattenflotte für die Umwelt signifikant. Generell steigt die Anzahl der mit Öl beladenen Tanker in der Ostsee, die seit Januar 2021 um 70 % zugenommen hat.

Die dunkle Seite des Ölexports

Die Schattenflotte, die für den Export von Öl aus Russland verantwortlich ist, wird oft unter unklaren Eigentumsverhältnissen betrieben. Trotz der westlichen Sanktionen, die seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verhängt wurden, wächst die russische Wirtschaft teilweise durch dieses lukrative Geschäft. Greenpeace schätzt, dass das Durchschnittsalter der Tanker 17 Jahre beträgt, was als zu alt für sichere Seefahrtbedingungen angesehen wird. Diese maroden Schiffe erhöhen das Risiko von Umweltkatastrophen erheblich.

Im Jahr 2022 passierten rund 1.000 mit Öl beladene Tanker die deutsche Küste, was durchschnittlich zwei bis drei pro Tag entspricht. Viele dieser Tanker kreuzen durch Naturschutzgebiete, was zusätzliche Risiken für die bereits gefährdeten Ökosysteme der Ostsee darstellt.

Greenpeace fordert von der EU, weitere Sanktionen gezielt gegen gefährliche Öltanker zu erlassen. Die Organisation hat eine Liste erstellt, um die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger auf die Risiken durch die Schattenflotte aufmerksam zu machen. Die EU wird aufgefordert, bei den nächsten Sanktionspaketen härter durchzugreifen und die Überwachung der Öl-Preisobergrenze zu verbessern.

Zusammenfassend bleibt abzuwarten, wie die Situation um die „Eventin“ und die Schattenflotte sich entwickeln wird, während die ökologische Bedrohung durch die anhaltenden Ölexporte aus Russland und die hohen Risiken älterer Tanker weiterbesteht.