Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben sich über den Atomausstieg abgestimmt, während der frühere Finanzminister Christian Lindner (FDP) außen vor blieb. Diese Informationen wurden durch interne Dokumente und Beratungen zwischen den beiden Führungspersönlichkeiten im Vorfeld des endgültigen Atomausstiegs, der am 15. April 2023 vollzogen wurde, bekannt. Ursprünglich war der Ausstieg bereits für den 31. Dezember 2022 geplant, jedoch führte ein Machtwort des Kanzlers zu einer weiteren Debatte über die Laufzeit der Atomkraftwerke, insbesondere von ISAR 2 und Neckarwestheim.
In einem aktuellen Bericht des Merkur wird deutlich, dass Scholz im Oktober 2022 seine Richtlinienkompetenz nutzte, um einen vermeintlichen Streit zwischen den Koalitionspartnern zu beenden. Der Staatssekretär im Kanzleramt stellte die Frage, ob eine Prüfung der Atomlaufzeiten ohne die Einbindung des Bundesfinanzministeriums möglich sei, während die Grünen einen Vorschlag, die Kraftwerke in Reserve zu halten, als wenig praktikabel erachteten. Laut Habeck sollte eine endgültige Entscheidung über die Laufzeit der Kraftwerke fallen, um Zugeständnisse bei einem „Energieeffizienzgesetz“ einzuholen.
Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg
Der Atomausstieg wird nun auch in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages analysiert, der von der Union angestoßen wurde. Der Ausschuss, der am 4. Juli 2024 konstituiert wurde, hat das Ziel, die Entscheidungsprozesse zur Anpassung der nationalen Energieversorgung zu untersuchen. Schwerpunkt ist insbesondere die Prüfung, ob eine „ergebnisoffene Prüfung eines Weiterbetriebs“ der Kernkraftwerke tatsächlich stattfand. Am 16. Januar 2025 sind Scholz und Habeck in diesem Ausschuss geladen, um den Entscheidungshorizont zu erläutern und Informationen zu den durchgeführten Prozessen zur Verfügung zu stellen. Hierbei geht es auch um die Einbeziehung nationaler und internationaler Entscheidungsträger sowie um die Kommunikation dieser Entscheidungen an den Bundestag und die Öffentlichkeit.
Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnete die konstituierende Sitzung des Ausschusses, der von Dr. Stefan Heck (CDU) geleitet wird. Es sollen vor allem die Entscheidungsgrundlagen geprüft werden, die dem Atomausstieg zugrunde lagen. Insbesondere sollen die Erkenntnisse über die energiepolitischen und nuklearen Sicherheitsaspekte im Kontext des Ukraine-Kriegs berücksichtigt werden, der erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Energieversorgung hatte. Der Ausschuss plant, die Zeitspanne vom 24. Februar 2022 bis zur Einsetzung zu berücksichtigen, um vollständig zu erfassen, welche Informationen zur Entscheidungsfindung beitrugen.
Kritik an den Entscheidungsprozessen
Ein SPD-Abgeordneter äußerte, dass die Union den Untersuchungsausschuss möglicherweise als Wahlkampfmanöver nutzen wolle. Angesichts der internen FDP-Dokumente, die einen geplanten Bruch der Ampel-Koalition offenbaren, zeigt sich die prekäre Lage innerhalb der Bundesregierung. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Untersuchung zu einer Klarstellung der Abläufe und Entscheidungsfindungen im Zusammenhang mit dem deutschen Atomausstieg führen wird.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Atomausstieg Deutschlands, welcher unter großen politischen Spannungen vollzogen wurde, nun im Kontext eines umfassenden Untersuchungsausschusses beleuchtet wird. Der Ausgang dieser Prüfung könnte weitreichende Konsequenzen für die künftige Energiepolitik in Deutschland haben.