Die Gaswirtschaft in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Am 9. Januar 2025 fordert der Geschäftsführer des Verbands Gas- und Wasserstoffwirtschaft, Timm Kehler, von der künftigen Bundesregierung neue Akzente in der Energiepolitik. In einem aktuellen Bericht hebt Kehler die Gefahren für die Versorgungssicherheit hervor, die aus dem Ausstieg aus geregelter Leistung resultieren, wenn nicht ausreichend in flexible Kapazitäten investiert wird. Eine wichtige Diskussion dreht sich um die mögliche Stilllegung von Gasnetzen, wobei Erdgas nach wie vor eine zentrale Rolle für die Industrie und den Mittelstand spielt.
Kehler warnt in diesem Kontext, dass die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung, insbesondere die Klimaneutralität bis 2045, ohne den Zugang zu günstigem Strom, Wasserstoff und Technologien zur Kohlenstoffabscheidung (CCS) nicht zu erreichen sind. Angesichts der hohen aktuellen Gaspreise und eines internationalen Energiemixes, der nicht CO₂-arm ist, fordert der Verband die Einführung einer „Grüngasquote“ zur Beimischung von CO₂-armen Gasen und einen verstärkten Ausbau der inländischen Biomethanproduktion.
Strategien zur Sicherung der Energieversorgung
Die Gasversorgung gilt momentan als gesichert, doch Kehler warnt vor unzuverlässigen Perspektiven für die nächsten vier bis fünf Jahre. Nach dem Ende der russischen Gaslieferungen ist Deutschland zunehmend abhängig von Norwegen und Europipelines, die 35 Prozent des erforderlichen Gases liefern. Um die Energieversorgung langfristig zu sichern, fordert Kehler eine Diversifizierung der Gasbeschaffung und warnt vor der Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur.
In diesem Zusammenhang plädiert der Verband für den Ausbau von Flüssiggas-Terminals (LNG), um die Gasversorgung zu erhöhen. Er kritisiert jedoch hohe Terminalgebühren und bürokratische Hürden, die den Ausbau behindern. Des Weiteren bemängelt Kehler die Strategie der Bundesregierung, die den Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke verzögert. Eine Öffnung und Vereinfachung des Heizungsgesetzes GEG, orientiert am CO₂-Fußabdruck von Gebäuden, wird ebenfalls gefordert.
Technologischer Fortschritt und Zusammenarbeit
Eine neue Carbon-Management-Strategie zur Förderung von Infrastruktur und Kooperationen, insbesondere mit Speichern in Dänemark und Holland, ist notwendig. Bio-LNG wird als entscheidende Alternative im Schwerlastverkehr und für Schiffe gesehen. Auch das Verteilnetz für Gas soll nicht übereilt stillgelegt werden, sondern ökologisch transformiert und finanziell abgesichert. Diese Ansätze sind wichtig, da 80 Prozent des Energieverbrauchs nicht durch Elektrizität gedeckt werden und sowohl „grüne Elektronen“ als auch „grüne Moleküle“ benötigt werden, um die Energieziele zu erreichen.
Zusätzlich unterstreicht die CDU/CSU in ihrem Diskussionspapier die Notwendigkeit einer klaren Rahmenpolitik für den Energiebereich. Diese soll sicherstellen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Energiesystems wirksam umgesetzt werden können und gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt. Der Fokus auf flexible und innovative Lösungen könnte dazu beitragen, die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern.[cducsu]
Europäische Zusammenarbeit und Sicherheit
Im Kontext der europäischen Energiesicherheit hat die Schweiz eine Schlüsselrolle eingenommen. Die EU-Verordnung zur Gasversorgungssicherheit sieht einen Solidaritätsmechanismus für Gasmangellagen vor, an dem auch die Schweiz teilnimmt. Ein trilaterales Gassolidaritätsabkommen zwischen Deutschland, Italien und der Schweiz, das im März 2024 unterzeichnet wurde, eröffnet der Schweiz den Zugang zu Gasspeichern in diesen Ländern.[axpo]
Eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU wird als vorteilhaft für die Energiesicherheitsarchitektur angesehen. Die Schweiz, zentral gelegen in Europa, fungiert als Stromdrehscheibe im europäischen Verbundsystem. Herausforderungen wie die Diversifizierung der Gaslieferländer und die Dekarbonisierung müssen jedoch gemeinsam angegangen werden, um einer künftigen Energiekrise vorzubeugen.