Oliver Bäte, der CEO der Allianz, hat kürzlich einen brisanten Vorschlag zur Reform der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unterbreitet. Er kritisiert den hohen Krankenstand in deutschen Unternehmen und bezeichnet Deutschland als „Weltmeister bei den Krankmeldungen“. Laut Bäte führen die hohen Krankmeldungen zu erheblichen Kostenerhöhungen im Sozialsystem, die nicht länger tragbar sind. Focus berichtet, dass Bäte die Wiedereinführung des Karenztags vorschlägt, bei dem der erste Krankheitstag nicht mehr vom Arbeitgeber finanziert wird.

Der Karenztag, der in den 1970er-Jahren abgeschafft wurde, wurde in verschiedenen Ländern wie Schweden, Spanien und Griechenland beibehalten. In Deutschland hingegen profitieren Arbeitnehmer bislang ab dem ersten Krankheitstag von einer Gehaltsfortzahlung gemäß dem § 3 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Arbeitgeber zahlen jährlich immense Summen in Höhe von 77 Milliarden Euro für erkrankte Mitarbeiter. Zudem geben Krankenkassen zusätzliche 19 Milliarden Euro für die Behandlung kranker Arbeitnehmer aus, was rund 6% der gesamten Sozialausgaben entspricht.

Kosten und Einsparpotentiale

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt auf, dass die Gesamtaufwendungen der Arbeitgeber für 2020 bei 74,3 Milliarden Euro lagen und bis 2025 auf über 84 Milliarden Euro steigen könnten. Dies umfasst nicht nur die Bruttogehälter, sondern auch die Sozialversicherungsbeiträge für erkrankte Mitarbeiter. Die Einführung eines Karenztags könnte dazu beitragen, die Ausgaben zu senken und auf den EU-Durchschnitt von etwa 3,5% zu reduzieren. Bäte argumentiert, dass eine solche Maßnahme dem Gesundheitssystem bis zu 40 Milliarden Euro einsparen könnte, die dann anderweitig eingesetzt werden könnten.IW Köln erwähnt, dass die Abwicklung der ersten Krankheitstage bisher als moralisches Risiko gilt, was die Versuchung zum Blaumachen erhöht.

Die Karenztage, die in einigen europäischen Ländern erfolgreich sind, werden zunehmend diskutiert, da sie nicht nur die Lohnnebenkosten senken, sondern auch Wirtschaftswachstum und Beschäftigung fördern könnten. Die Befürworter sprechen von positiven Effekten auf das Gesundheitssystem, während Kritiker befürchten, dass sie dazu führen könnten, dass kranke Mitarbeiter aus finanziellen Gründen nicht zum Arzt gehen und ihre Erkrankung verheimlichen.

Politische Dimensionen und steuerliche Anreize

Neben dem Thema der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat Bäte auch das Thema Erbschaftssteuer angesprochen. Er fordert eine Anhebung der Erbschaftssteuer und plädiert für steuerliche Entlastungen für mittlere Einkommen, während Personen, die von Erbschaften leben, stärker besteuert werden sollten. Dies ruft die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit und der Verteilung des Reichtums in Deutschland hervor. Laut Bäte sollte die höhere Erbschaftssteuer mit entsprechenden Freibeträgen einhergehen, während er eine Vermögenssteuer als „absurd“ ablehnt.Wikipedia erläutert, dass Karenztage als Möglichkeit gelten, um die Anreize bei Krankmeldungen zu steuern.

Die Diskussion um die Wiedereinführung des Karenztags und die Erhöhung der Erbschaftssteuer zeigt, wie eng wirtschaftliche und soziale Aspekte miteinander verbunden sind. Ein ausgewogenes System könnte dazu beitragen, nicht nur die Belastungen der Arbeitgeber zu mindern, sondern auch die soziale Absicherung der Arbeitnehmer zu verbessern. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, inwieweit die politischen Entscheidungsträger auf diese Vorschläge reagieren werden.