Die Unternehmensgruppe Tönnies und das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) haben sich in einem richtungsweisenden Schritt außergerichtlich geeinigt. Diese Einigung beendet alle offenen rechtlichen Streitigkeiten, die aus einem Corona-Ausbruch im Sommer 2020 in Rheda-Wiedenbrück resultierten. Die Zahlung von 3,2 Millionen Euro, die NRW auf ein Treuhandkonto überweist, steht im Zentrum des Vergleichs und soll ausschließlich sozialen Projekten zugutekommen, die Beschäftigten in schwierigen Arbeits- und Lebenssituationen helfen sollen. Ein Auswahlgremium, bestehend aus Vertretern von Tönnies, dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Regierungspräsidentin von Detmold, wird über die konkreten Projekte entscheiden.
Der Corona-Ausbruch hatte zur temporären Schließung des Tönnies-Betriebs geführt und etwa 8.000 Beschäftigte unter Quarantäne gestellt. Nach diesen Ereignissen wurden über 1.000 Gerichtsverfahren eingeleitet. Tönnies hatte Lohnfortzahlungen in Höhe von knapp zwei Millionen Euro nach dem Infektionsschutzgesetz gefordert und zudem Schadensersatzansprüche von 4,4 Millionen Euro aufgrund der Betriebsschließung geltend gemacht. Diese langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen haben der Region erhebliche Unsicherheiten beschert, die die Einigung nun beseitigen soll. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann betonte die Bedeutung der Einigung, die einen sozialen Impuls für die Region setzen soll und gleichzeitig langwierige Prozesse vermeidet.
Details zur Einigung
Im Rahmen des Vergleichs erstatte das Land Tönnies zudem 108.000 Euro Gerichtskosten. Tönnies wiederum zieht alle laufenden Verfahren gegen das Land, die Stadt Rheda-Wiedenbrück und den Kreis Gütersloh zurück und verzichtet auf weitere Schadensersatzforderungen. Damit sind alle offenen Forderungen und rechtlichen Auseinandersetzungen endgültig beigelegt.
Der Betrieb von Tönnies wurde im Sommer 2020 aufgrund des Corona-Ausbruchs vorübergehend geschlossen und anschließend nur unter strengen Auflagen wiedereröffnet. In der Folge wurde die Situation der Beschäftigten verstärkt öffentlich thematisiert. Besonders die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten in der Fleischindustrie stehen seit den Corona-Hotspots immer wieder im Fokus. Trotz Gesetzesänderungen und verbesserter Hygienemaßnahmen berichten viele Arbeiter weiterhin von Missständen.
Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
Obwohl Tönnies im Jahr 2021 einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro erzielte, bleiben die Arbeitsbedingungen in der Branche problematisch. Berichte über harte Arbeitsbedingungen und die Angst vor Kündigungen im Krankheitsfall prägen das Bild. Tönnies betont, dass die Situation sich verbessert habe, insbesondere seit mehr Mitarbeiter direkt bei dem Unternehmen angestellt sind und Tönnies sich nun auch um die Unterbringung der Beschäftigten kümmert.
Die neuen Mitarbeiterwohnungen sind sauber und zweckmäßig, anders als die vorherigen Unterkünfte, die durch Subunternehmer verwaltet wurden. Dennoch müssen die Herausforderungen in der Branche weiter adressiert werden, da trotz gesetzlicher Änderungen weiterhin Verstöße gegen das Arbeitsrecht festgestellt werden. Im Jahr 2021 wurden in NRW fast 2.000 Verstöße bei 1.000 Kontrollen registriert. Es bleibt abzuwarten, wie die neuen sozialen Projekte, die aus der aktuellen Einigung hervorgehen, zur Verbesserung der Situation in der Fleischindustrie beitragen werden.
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