Die BayWa AG, Deutschlands führender Agrarhändler, hat im Laufe des Sommers einen dramatischen finanziellen Rückschlag erlebt und steht nun an der Schwelle zur Zahlungsunfähigkeit. Das Unternehmen hat sich jedoch mit Gläubigerbanken und Hauptaktionären auf einen Sanierungsfahrplan bis 2027 geeinigt. Dieser Sanierungsplan soll bis spätestens Ende April 2025 rechtsverbindlich abgeschlossen werden und beinhaltet auch eine Neuordnung der Finanzierung.
Die Schwierigkeiten von BayWa sind in großem Maße auf Milliarden-Schulden zurückzuführen, die durch eine kreditfinanzierte Expansion entstanden sind. Das Unternehmen plant eine Kapitalerhöhung von 150 Millionen Euro, die durch die Ausgabe neuer Aktien mit Bezugsrecht für bestehende Aktionäre erfolgen soll. Details hierzu sollen im ersten Quartal 2024 bekannt gegeben werden. Zudem steht der Verkauf eines 48-prozentigen Anteils an Raiffeisen Ware Austria für 176 Millionen Euro bis Ende März an, wobei der Vertrag bereits unterschrieben ist, jedoch noch die kartellrechtliche Genehmigung aussteht.
Stellenabbau und Umstrukturierung
Eine der bedeutendsten Maßnahmen im Sanierungsprozess ist der angekündigte Stellenabbau von insgesamt 1.300 Vollzeitstellen, was einem Rückgang von 16% der Arbeitsplätze in Deutschland entspricht. Weltweit beschäftigt BayWa mehr als 23.000 Menschen. In Verbindung mit diesem Stellenabbau plant die BayWa AG, wesentliche Beteiligungen, darunter BayWa r.e., Turners & Growers und Cefetra, zu verkaufen, um ihre Liquidität zu stärken und Schulden abzubauen.
Die BayWa AG hat ein Transformationskonzept vorgestellt, das eine organisatorische Verschlankung und operative Einsparmaßnahmen beinhaltet. Ziel ist die Fortführung der vier Kerngeschäftsbereiche: Agrar, Baustoffe, Energie und Technik. Das Transformationskonzept wird als Grundlage für den zweiten Entwurf des Sanierungsgutachtens verwendet und soll bis Juli 2024 die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens bestätigen. Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat zu Personalmaßnahmen haben bereits begonnen, um bis Ende März 2025 eine Einigung zu erzielen.
Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete BayWa einen Nettoverlust von knapp 641 Millionen Euro. Angesichts eines Konsortialkredits, der bis zu zwei Milliarden Euro betragen und im September 2025 fällig werden sollte, verschärfen sich die finanziellen Herausforderungen für das Unternehmen. Ein Anstieg der Kreditzinsen seit 2022 führte zudem zu einer Verdreifachung der jährlich fälligen Zinszahlungen. Nahezu alle 300 Finanzgläubiger unterstützen jedoch die Sanierungsbemühungen von BayWa, was dem Unternehmen einen hoffnungsvollen Ausblick bietet.