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Interaktive Performance in Essen: Tanzen mit der Dresden Frankfurt Dance Company

Die Ruhrtriennale 2023 präsentiert mit der Performance „À la carte“ der Dresden Frankfurt Dance Company im PACT Zollverein in Essen ein interaktives und improvisiertes Tanzereignis, das die Zuschauer aktiv einbezieht und somit die Grenzen zwischen Künstlern und Publikum auf aufregende Weise verwischt.

Die Ruhrtriennale, ein Fest der Künste, treibt die Zuschauerinteraktion auf neue Höhen. In diesem Jahr setzt das Festival auf die Dresden Frankfurt Dance Company (DFDC), die sich nach einer bemerkenswerten Transformation als einer der auffälligsten Akteure in der deutschen Tanzszene behauptet hat. Ursprünglich bekannt als die Elite-Compagnie von William Forsythe, hat sich die DFDC einen neuen Zugang zur Performance entwickelt, der gegen die Traditionen der Kunstszene ankämpft. Diese Verwandlung könnte den Puls der zeitgenössischen Kunst wahrlich neu beleben, indem sie die Zuschauer nicht nur als passive Betrachter, sondern als aktive Teilnehmer in den kreativen Prozess einbezieht.

Bei der Performance „À la carte“, die im PACT Zollverein in Essen aufgeführt wird, wird das Publikum mit einem ganz besonderen Erlebnis konfrontiert. Die Tänzer, verkleidet in bunten, möglicherweise absichtlich geschmacklosen Kostümen, wirken zunächst wie ein fröhlicher Haufen von Clowns. Sie interagieren lebhaft mit den Zuschauern, indem sie liebevolle Gesten und überraschende Einlagen bieten, die das Hallenklima aufbrechen und eine unmittelbare Verbindung schaffen. Mit einem charmanten Lächeln und dem jugendlichen Elan, der zeitgenössischen Tanzaufführungen oft fehlt, schaffen sie ein erfreuliches Ambiente, in dem jeder Zuschauer das Gefühl hat, Teil des Geschehens zu sein.

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Das Konzept der Live-Choreografie

Angetrieben von dem Konzept der „Live-Choreografie“, das 2023 unter der Leitung von Ioannis Mandafounis umgesetzt wird, besteht das Ziel, eine bühnenkunstliche Darbietung zu entwickeln, die nicht nur durch die Tänzer bestimmt wird, sondern maßgeblich durch die Emotionen und die Stimmung der Zuschauer selbst. Diese Interaktivität könnte das gesamte Verständnis von Tanz widerspiegeln: Es geht nicht mehr nur um Perfektion und Technik, sondern um ein gemeinsames Erlebnis, das zwischen Publikum und Künstler entsteht.

Die Tänzer und Tänzerinnen interagieren nicht nur mit Applaus, sondern fordern aktives Mitwirken seitens des Publikums ein, indem sie die Zuschauer auffordern, Themen oder Begriffe zu rufen, die dann den Verlauf der Performance beeinflussen. So wird das Bühnenformat in einen dynamischen Dialog verwandelt, der oft unerwartete Wendungen nimmt. Die Kunst wird lebendig und chaotisch, und das ganz im Geiste der partizipativen Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmend im Kulturbereich etabliert hat.

Allerdings ist dies nur ein Teil des Abends. Wer klassische Theatererzählungen oder klar strukturierte Darbietungen erwartet, wird möglicherweise enttäuscht sein. Die DFDC spielt mit Klängen, Emotionen und Spontaneität, was oft zu einem improvisierten Schaffensprozess führt. Ob es nun zu einem liebevollen Duett kommt oder Explosionen von Klang und Energie, die Darbietung bleibt unvorhersehbar und sorgt immer wieder für verblüffte Gesichter im Publikum. Inmitten des kalkulierten Chaos entstehen echte Momente der Kunst.

Ein neues Verständnis von Tanz

Es ist der mutige Versuch, die Grenzen des zeitgenössischen Tanzes auszuweiten, der die Ruhrtriennale zu einem besonderen Ort für kreativen Austausch werden lässt. Das Festival zeigt damit eine entscheidende Wendung in der Art und Weise, wie Kunst erlebt und verstanden werden kann. Diese Herangehensweise könnte langfristig auch andere Kunstformen beeinflussen, indem sie das Publikum ermutigt, sich nicht nur als passive Betrachter zu sehen, sondern als Schlüsselakteure im kreativen Prozess. Solche Konzepte haben das Potenzial, nicht nur die Tanzszene, sondern das gesamte Kulturschaffen weiter zu prägen und frischen Wind in etablierte Strukturen zu bringen.

Die Entwicklung der Tanz- und Performancekunst

Die Tanz- und Performancekunst hat sich über die Jahrzehnte stark gewandelt. Ursprünglich als formale Kunstform mit strengen Regeln und Techniken etabliert, hat sich die zeitgenössische Tanzszene zunehmend von diesen Konventionen entfernt. Künstler wie William Forsythe haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Tanz auch als Experimentierfeld für Interaktivität und Publikumsbeteiligung gesehen wird. Forsythe’s Arbeiten spiegeln oft eine Verquickung von Bewegung und Theorie wider und haben dazu geführt, dass Tänzer und Publikum nicht länger in einer traditionellen Beobachter-Rolle verbleiben.

Ein Beispiel für den Wandel sind Formate, die bewusst Raum für Partizipation schaffen. Interaktive Performances, wie sie von der Dresden Frankfurt Dance Company praktiziert werden, stehen im Zeichen einer neuen Nähe zum Publikum. Diese Art von Theater will nicht nur unterhalten, sondern auch gesellschaftliche Themen aufgreifen und den Zuschauern die Möglichkeit bieten, aktiv an der Kunst teilzuhaben.

Ein Blick auf aktuelle Trends in der Tanzszene

In den letzten Jahren lassen sich verschiedene Trends in der Tanzszene beobachten, die die Traditionen des Tanzes herausfordern. Zurzeit sind inklusionsorientierte Ansätze sowie Diversität in der Besetzung von Tänzern und Choreografen von zentraler Bedeutung. Es gibt Bestrebungen, unterschiedliche kulturelle Hintergründe in die Performances einzubringen und neue Narrative zu schaffen. Auch die Auseinandersetzung mit sozialen Themen wie Identität, Geschlecht und Umwelt findet ihren Platz auf den Bühnen.

Darüber hinaus wird die Verschmelzung von Tanz mit anderen Kunstformen, wie etwa Musik, Film und visueller Kunst, immer gängiger. Diese Hybridformen erlauben eine neue Art der Erzählung und bieten dem Publikum ein vielseitigeres Erlebnis.

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Tanzkunst

Die COVID-19-Pandemie hat die Tanzszene stark getroffen. Viele Tanzcompagnien mussten ihre Saison absagen, und die Auftrittsmöglichkeiten schmolzen nahezu auf Null. Dennoch hat diese Krise auch zu innovativen Formaten geführt. Viele Künstlerinnen und Künstler haben digitale Plattformen genutzt, um ihre Arbeiten online zu präsentieren. Dies hat neue Publikumsgruppen erschlossen und den Austausch sowie die Zusammenarbeit zwischen Tänzern und Choreografen aus verschiedenen Teilen der Welt erleichtert.

Statistiken zeigen, dass während der Pandemie der digitale Kunstkonsum um 50 % gestiegen ist. Dieses Wachstum kann als Hinweis auf die Veränderung der Aufführungspraxis betrachtet werden, wobei der digitale Bereich auch nach der Pandemie eine wichtige Rolle spielen dürfte. Die Zukunft des Tanzes wird sehr wahrscheinlich von einer Mischung aus digitaler und physischer Präsenz geprägt sein.

Lebt in Mühlheim und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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